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Reverion
Sie haben das Kraftwerk neu gedacht und revolutionieren die Energie-Infrastruktur. Das Start-up Reverion aus Eresing bei München entwickelte ein reversibles Brennstoffzellenkraftwerk, das Biogas effizienter nutzt und gleichzeitig als Speicher grüner Energie dient. Die Gründer aus dem Umfeld der Technischen Universität München (TUM) haben aus einer Forschungsidee ein marktfähiges Produkt gemacht. Mit einer Anlage, die „vorwärts Strom erzeugt – und rückwärts Wasserstoff“ treffen sie den Nerv der Energiewende.
Reverion ist ein Spin-off der Technischen Universität München (TUM), das sich auf hocheffiziente, reversible Brennstoffzellensysteme zur dezentralen Energieerzeugung spezialisiert hat. Fünf Wissenschaftler und Ingenieure, die sich während ihrer Forschungszeit an der TUM zusammengefunden haben, gründeten Reverion 2022 in Eresing bei München und verfolgen damit ihre Vision eines neuen Kraftwerkskonzepts, das Biogas effizienter nutzt und gleichzeitig als Energiespeicher dient. „Die Entwicklungsgeschichte beginnt vor etwa zehn Jahren, mit der ersten Idee für unser Kraftwerk“, erinnert sich Dr.-Ing. Stephan Herrmann (39), Physiker und Mitgründer. Die Idee entstand als Nebenaspekt seiner Dissertation. Was als technisches Randthema begann, wurde zum Zentrum einer jahrelangen Entwicklung – zunächst im Labor, dann im Technikumsmaßstab und schließlich als Prototyp im realen Feldbetrieb. Als dieser erste Prototyp erfolgreich lief, entschieden sich die fünf – neben Herrmann sind das Felix Fischer (36), Maximilian Hauck (33), Jeremias Weinrich (37) und Luis Poblotzki (30) – ihr eigenes Unternehmen aufzubauen.
Reverion hat das Biogas-Kraftwerk von Grund auf neu gedacht. Das System basiert auf reversiblen Hochtemperatur-Brennstoffzellen, die Strom erzeugen, aber bei Stromüberschuss auch als Elektrolyseur arbeiten und Gas zurückgewinnen können. Stephan Herrmann: „Es geht im Kern darum, wie effizient man Brennstoffe ausnutzen kann. Da liegen wir deutlich höher als alle Mitbewerber.“ Die Technologie ist darauf ausgelegt, Biogas aus bestehenden Anlagen effizienter zu verwerten. „Wir verdoppeln die Stromausbeute“, so Herrmann. Wird das System bei Stromüberschuss in umgekehrter Richtung betrieben, speichert es Energie in Form von synthetischem Methan oder Wasserstoff. „Das Gas kann dann in das Erdgasnetz eingespeist oder später rückverstromt werden – ideal zur Glättung von Netzschwankungen.“ Das Kraftwerk arbeitet im stationären Einsatz – typischerweise in direkter Nachbarschaft zu bestehenden Biogasanlagen. Dort ersetzt oder ergänzt es konventionelle Gasmotoren. Das System läuft dabei kontinuierlich und wechselt den Betriebsmodus intelligent nach Bedarf: „Die Volatilität des Strompreises diktiert den Einsatz der Anlage“, sagt Felix Fischer. Besonders sei vor allem der Aufbau des Systems. „Die Funktionsweise der Brennstoffzelle ist bekannt – wir haben jedoch eine neue verfahrenstechnische Architektur geschaffen“, so Herrmann.
Zum Start bietet Reverion zwei Modelle: eines mit 100 kW elektrischer Leistung (ausreichend für rund 100 Haushalte) und eines mit 500 kW. Die Anlagen sind modular skalierbar und werden auch zur Miete angeboten – für eine jährliche Miete im niedrigen sechsstelligen Bereich (100 kW-Modell). Langfristig will Reverion Energie nicht nur erzeugen, sondern auch in Form grüner Gase speichern und bereitstellen – und damit einen zentralen Beitrag zur Energiewende leisten. Der Markt, den Reverion adressiert, ist riesig – und stark unterversorgt. Allein in Deutschland existieren etwa 10.000 Biogasanlagen, von der kleinen Gülleanlage bis hin zu kommunalen Klärwerken oder Agrarbetrieben. Anfragen kommen längst auch aus dem Ausland: regelmäßig aus Japan, China oder anderen Teilen Europas. „Wir haben nicht einmal genug Kapazität, um die Nachfrage aus Deutschland zu bedienen“, sagt Stephan Herrmann.
Trotzdem bleibt das Unternehmen vorerst bei einem konzentrierten Markteintritt. „Wir wollen die Anlage nicht nur bereitstellen, sondern dafür sorgen, dass sie auch gut läuft“, erklärt Herrmann. Die Nähe zum Einsatzort ist zentraler Bestandteil der Wachstumsstrategie. Reverion erschließt den Markt „zwiebelschalenartig“ vom Raum München aus. Zielgruppe sind vor allem Betreiber bestehender Biogasanlagen, die auf Effizienz und Zukunftssicherheit setzen. Das können Landwirte sein, Stadtwerke, kommunale Energieversorger oder industrielle Betreiber.
Strategisch hält sich das Unternehmen alle Optionen offen – auch Lizenzmodelle für internationale Märkte sind denkbar. Dennoch gilt für Europa: „Wir wollen hier selbst Anlagenbauer bleiben“, betont Herrmann. Die Komplexität der Technologie und die Spezialisierung im Aufbau machen das System schwer kopierbar – was Reverion zugleich vor Nachahmern schützt und zum potenziellen Industriepartner für die Energiewende macht.
