Phacon GmbH - Kategorie 2010 StartUp Phacon GmbH

„Vereinfacht gesagt machen wir künstliche Schädel“, sagt Dr. Ronny Grunert von der Leipziger Firma Phacon. An diesen Modellen aus Spezialgips üben Chirurgen schwierige Operationen, etwa an den Ohren oder den Nasennebenhöhlen.


„Man kann mit den üblichen chirurgischen Instrumenten arbeiten, das Material verhält sich fast wie natürliches Gewebe“, erklärt der Unternehmer. „In den Schädel sind elektronische Sensoren eingearbeitet. Macht der Arzt einen Fehler, würde er also beispielsweise Blutgefäße verletzten, ertönt ein akustisches Signal.“ Praktisch: Nach der „Operation“ kann man das bearbeitete Nasen- oder Ohren-Modul kostengünstig austauschen, der restliche Schädel wird weiter verwendet. „Außerdem können wir patientenindividuelle Modelle herstellen, beispielsweise um Titanplatten an den Kiefer anzupassen.“ Vor allem für komplizierte Operationen sind die zum Patent angemeldeten chirurgischen Trainingssysteme eine ideale Vorbereitung. „Normalerweise wird an präparierten Leichen ausgebildet“, erklärt Mitgründer Hendrik Möckel. „Diese Präparate haben aber meist nicht die Knochenveränderungen, die für eine bestimmte Erkrankung typisch sind. Dadurch kann der Chirurg nicht optimal trainieren. Viele üben auch – wie Piloten – mit Computersimulationen. Das hat den Nachteil, dass man nicht unter realen Bedingungen arbeitet.“

Ursprünglich sollte das im Rahmen eines Forschungsprojektes an der Universität Leipzig entwickelte Modell die Genauigkeit von Operationsinstrumenten testen. „Als wir den Prototyp auf einer internationalen Konferenz vorgestellt hatten, fragten die Ärzte, ob es den Schädel auch für Trainingszwecke gibt. Wir haben die Chance sofort gesehen und schon auf dem Rückflug die ersten Kalkulationen aufgestellt.“ Bereits ein halbes Jahr später hatten die Phacon-Gründer die Finanzierung von der Sparkasse Leipzig unter Dach und Fach, einen Vertriebspartner gefunden und die Serienproduktion eingerichtet. „Wir hatten zwar kleinere Startschwierigkeiten, beispielsweise Treiberprobleme bei der Software. Aber im Großen und Ganzen lief alles erstaunlich glatt. Wir hatten mit mehr schlaflosen Nächten gerechnet“, erzählt Hendrik Möckel. Inzwischen nutzen schon über 100 Kliniken, vor allem in den USA und den arabischen Ländern, das einzigartige chirurgische Trainingssystem. „Es gibt nur sehr wenige Leichen zu Übungszwecken. Schädelpräparate kosten deshalb bis zu 500 Euro, unser Austauschmodul dagegen nur rund 70 Euro. Zudem gibt es in muslimischen Ländern auch religiöse Vorbehalte gegen den Einsatz von Verstorbenen“, erklärt Dr. Ronny Grunert den Erfolg von Phacon. Jetzt steht die Ausweitung des Vertriebes in Deutschland an. „Außerdem werden wir Modelle weiterer Körperteile, wie etwa der Wirbelsäule, in das Programm aufnehmen.“

Die Firma
Phacon GmbH

Die Nominierung für den Deutschen Gründerpreis in der Kategorie StartUp war „ein riesiger Motivationsschub“ für uns. Im Kuratorium sitzt die Crème de la Crème der deutschen Wirtschaft. Wir hätten nicht damit gerechnet, so weit nach vorne zu kommen.“ Die Phacon-Gründer möchten vor allem bekannter werden. „Die Berichterstattung erreicht sicherlich auch einige Ärzte. Wir freuen uns auf Mails oder Anrufe von Interessenten. Außerdem möchten wir vom Know-how des Paten sowie vom Coaching durch Porsche-Consulting profitieren. Hier erhoffen wir uns vor allem Unterstützung bei strategischen Fragen.“ Die Leipziger Phacon GmbH wurde von der Jury des Deutschen Gründerpreises nominiert, „weil es dem Unternehmen gelungen ist, die Aus- und Weiterbildung von Medizinern zu verbessern: Mit den von der Phacon GmbH entwickelten Trainingsmodelle können Chirurgen Operationen unter realistischen Bedingungen gezielt an speziellen Körpermodellen trainieren. Das Trainingssystem besitzt eine besonders realistische Haptik und ein einzigartiges patentiertes Detektionssystem: Sobald der Operateur einen Fehler macht, ertönt ein akustisches Signal. Das Unternehmen konnte bereits im zweiten Jahr nach der Gründung ein positives Ergebnis erzielen.“